Psychosoziale Unterstützung Durch Und Für Das Netzwerk


Bei der Frage nach nützlichen Beiträgen zur Integration von geflüchteten Menschen sind berufliche und bildende Angebote im Fokus. Dabei darf gerade nicht außer Betracht gelassen werden, dass geflüchtete Menschen nicht selten aus humanitären Katastrophen flüchten. Fehlende Informationen, Ungewissheit über den Einwanderungsstatus und potenzielle Feindseligkeiten sind Stressfaktoren. Flucht und erzwungene Migration erfordern vielfältige Anpassungen in kurzem Zeitpunkt. Die Menschen – insbesondere Kinder – werden anfälliger für Missbrauch und Vernachlässigung. Bestehende soziale und psychische Probleme können sich verschlimmern. Vor allem die Art und Weise, wie Menschen aufgenommen und wie Schutz und Hilfe gewährt werden, kann Probleme hervorrufen oder verschärfen, indem sie beispielsweise die Menschenwürde untergräbt, gegenseitige Unterstützung verhindert und Abhängigkeit schafft. Zu bedenken ist, inwieweit eine psychogesundheitliche Versorgung und Hilfe zur Traumabehandlung zu einem breitflächigen und niedrigschwelligen Angebot werden kann.

Es gibt keine einheitliche Methode oder ein einheitliches Modell für die psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung von Menschen, die geflüchtet sind. Gleichzeitig lassen sich folgende drei Grundsätze und bewährte Praktiken für Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind, festhalten.

  1. Alle Menschen sind mit Respekt und würdevoll zu behandeln
    In chaotischen und überwältigenden Situationen konzentrieren sich die Helfer möglicherweise nur auf das, was ihrer Meinung zufolge getan werden muss, ohne ausreichend darauf zu achten, wie ihre Tätigkeit von den betroffenen Menschen wahrgenommen wird. Das kann zu Missverständnissen und fehlender Würdigung führen. Es ist wichtig, die Autonomie und Privatsphäre der Menschen zu respektieren. Wo immer es möglich ist, sollten die Menschen das Gefühl der persönlichen Kontrolle erhalten. Dazu gehört auch, dass man sich mit den Menschen berät, um ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten zu ermitteln und die Hilfe auf ihre Wünsche abzustimmen. Dies ist eine Voraussetzung für eine gute psychosoziale Unterstützung, die jedoch schwer zu realisieren ist, wenn die Menschen nicht lange an einem Ort bleiben.
  2. Überwachung des Wohlbefindens der Freiwilligen und des Teams
    Mitarbeiter:innen und Freiwillige, die den betroffenen Menschen helfen, werden immer wieder mit Geschichten von Terror und persönlichen Tragödien konfrontiert. Die Helfer:innen können angesichts der Entscheidungen, die sie treffen müssen, zudem moralische Ängste und Dilemmata empfinden. Diese Stressfaktoren können negative Folgen für die Helfer:innen zur Folge haben und müssen in einem Netzwerk mit diesem inhaltlichen Kern im Bewusstsein bleiben. Helfer:innen sollten auf Anzeichen von Stress bei sich und ihren Partner:innen achten. Die Netzwerkführungen, soweit bestehend, sollten weiterhin informelle Beobachtungen und regelmäßige Routinebefragungen durchführen.
  3. Das Netzwerk als Ausgangspunkt
    Gerade wenn viele Menschen an der Unterstützung von Geflüchteten beteiligt sind, kommt es dazu, dass die einzelnen Akteursgruppen unterschiedlich strukturiert und organisiert sind. Es ist wichtig, dass innerhalb dieses Multi-Akteurs-Netzwerks ein reger Austausch besteht und eine Hilfe untereinander stattfindet. So muss einerseits verhindert werden, dass gegenseitige Arbeiten nicht konterkariert werden und andererseits muss das Netzwerk diversifiziert genug sein, damit keine inhaltlichen Lücken entstehen. Eine Erweiterung des Netzwerks um psychosoziale Fachkräfte schafft dabei einen ersten Anknüpfungspunkt für eine effektive Betreuung und Zusammenarbeit.

Mit einem sensiblen Bewusstsein für die geflüchteten Menschen und die beteiligten Helfer:innen kann eine nachhaltige netzwerkbasierte Arbeit zur Integration geflüchteter Menschen verbessert werden. Der Umgang mit diesem Thema bedarf stets größter Sorgfalt und Verantwortung, rückt jedoch gleichzeitig auch die Menschen in den Mittelpunkt eines Integrationsprozesses. Letztlich kann der sensible Umgang und das Vertrauen der Menschen zueinander die treibende Kraft für alle folgenden Prozesse werden.

Zur Vertiefung lässt sich empfehlen: Inter-Agency Standing Committee (IASC) (2007). IASC Guidelines on Mental Health and Psychosocial Support in Emergency Settings. Geneva: IASC.

Dieser Leitfaden wird von mehr als 35 beteiligten Organisationen unterstützt. Er enthält wesentliche Leitlinien für sektorübergreifende Maßnahmen zum Schutz von geflüchteten Menschen.

Netzwerkerweiterung um psychosoziale Angebote: https://centra.hamburg/netzwerk/einrichtungssuche/